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AutorenbildDejan Kosmatin

Der Purpose des Homo Oeconomicus oder die Verantwortung der Nachhaltigkeitsgesellschaft 2023

Aktualisiert: 23. Juli 2023

Es ist grundsätzlich nichts Falsches daran, den Kunden an erster Stelle zu setzen. Falsch ist es jedoch, bei der Kundenzentrierung die Verantwortung der conscious consumption komplett auf den Endverbraucher zu übertragen. Ein Leitartikel zur neuen Ökononomie & Ökologie 2023 am Beispiel des Unternehmens Patagonia mit Eigenverantwortung & Nachhaltigkeit (corporate purpose & responsibility).


"Wir mussten einen Weg finden, um mehr Geld in die Bekämpfung dieser Krise stecken zu können und die Werte der Firma gleichzeitig intakt zu halten". Chouinard
Fitz Roy Mountain - Foto: Alain Bonnardeaux | Unsplash
Fitz Roy Mountain - Foto: Alain Bonnardeaux | Unsplash

Die Vereinbarkeit von ökonomischen Zielen eines Unternehmens und den Interessen einer nachhaltigen Gesellschaft ist definitiv eine Herausforderung.


Wir können aber nicht mehr so weitermachen wie bisher. Die bloße Vermittlung von „Purpose“ und das Schaffen eines „Bewusstseins“ über eine Sachlage ändert nichts am Klimawandel und anderen Krisen.


Damit in den Köpfen aller Akteure was passiert, muss der Sinn und Zweck eines Geschäftsmodells und den hinter einem Kauf, für beiden Seiten, dem Unternehmen und Endverbraucher nachvollziehbar sein.


Wir befinden uns in einer Zeitwende: Wachstumsorientierung & Postwachstumsökonomie.

Gegenseitiges Vertrauen & gemeinsame Verantwortung: Corporate Purpose & Social Responsibility - der Daseinssinn von Unternehmen.

Moralisches Fundament als normative Orientierung: Unternehmensethik & Technologie, Führungsverantwortung & Handlungsmaxime.

Nachhaltiger Wandel & wertorientierte Zukunft: Kreislaufwirtschaf (Circular Economy), Innovation & Nachhaltikeit, Positionswettbewerb.

Authentisches Leitbild & gelebte Wertekultur: Vision & Mission, Unternehmensleitbild & Identität, Opportunitätskosten & Opportunitätserlöse

Wir brauchen neue Shareholder-Value-Ansätze: Stakeholderorientierung & nachhaltiges Wachstum.

Die Heuristik des Homo Oeconomicus & die Produzentensouveränität: Verantwortungseigentum, Wertschöpfung vs. Abschöpfung.

 

Wir befinden uns in einer Zeitwende


Die Konvergenz neuer Technologien und Medien vernetzt die Gesellschaft, verändert Markt- und Branchenmechanismen und macht Märkte, Preise und Lieferketten transparent. Alles ist vergleichbarer und austauschbarer geworden – Ressourcen wie Anbieter, weltweit.


Die Digitalisierung hat längst Raum und Zeit überbrückt und der Trend zur Individualisierung geht mit einer zunehmenden Ausdifferenzierung der Märkte einher. In vielen Bereichen haben sich diese vom Nachfrage- zum Angebotsmarkt entwickelt, mit sich immer schneller ändernden Kundenbedürfnissen.


Wachstumsorientierung & Postwachstumsökonomie


Ein immer dynamischeres Marktumfeld erhöht den Druck auf das Produkt- und Innovationsmanagement, was zu einer größeren Produktvielfalt und mehr Neuerungen führt. Das spiegelt sich in einem weiteren und immer aggressiveren Kampf um Marktanteile wider.


Die Konsequenzen aus dieser Form der Wachstumsorientierung und des reinen rationalen Denkens und Handelns der Marktakteure, sind ein schnelleres Platzen von Wirtschaftsblasen und Herbeiführen von neuen Krisen.

Foto: Getty Images
Foto: Getty Images

Krisen gab es immer und wird es immer geben, jedoch erleben wir heute ein größeres Ungleichgewicht in der Weltwirtschaft als je zuvor. Der Kampf um knappe Ressourcen wird sehr wahrscheinlich noch größere Krisen mit höheren Staatsverschuldung, Inflation, Zinsen und unkontrollierbaren Spekulationsmaßen hervorbringen.


"Mit staatlichen Institutionen die handlungsfähig sind um bei sozioökonomische Ungleichheiten eingreifen zu können."

Ob wir die Zukunft als optimistischer oder pessimistischer Homo Oeconomicus betrachten, der Preis den wir dafür zahlen ist heute schon viel zu hoch. Wir brauchen deshalb einen Systemwandel und zumindest neue Konzepte in einer wirtschaftlich sinnvollen Postwachstumsökonomie, um allein den „Green Deal“ für Europa bis 2050 überhaupt erreichen zu können.


Und es braucht noch mehr als nur neue Modelle um den Wohlstand zu erhalten - wir brauchen ein generelles Umdenken und einen allumfassenden Wandel um den nachkommenden Generationen einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen. Ein Wirtschaftsmodell das Natur- und Humankapital strukturell unterstützt und unseren Planeten nicht mehr an die Belastungsgrenzen bringt. Mit staatlichen Institutionen die handlungsfähig sind um bei sozioökonomische Ungleichheiten eingreifen zu können.


Gegenseitiges Vertrauen & gemeinsame Verantwortung


Wenn wir unsere Emissionen senken und dabei bewusster produzieren und konsumieren wollen, muss nicht nur Europas Ökonomie, wo nur möglich, weg vom linear-wirtschaftlichen Modellen hin zu mehr kreiswirtschaftlichen Systemen.


Die Individualgesellschaft darf nicht auf dem Erbe der Wegwerfgesellschaft fußen. Dafür zu sorgen ist Aufgabe von Unternehmen und der Wirtschaftsethik gleichermaßen und steht im Sinne der gesellschaftlichen Verantwortung.

Corporate Purpose & Daseinssinn


Auf Unternehmensseite brauchen wir dafür corporate purpose, mit einer „Gesellschaftszentrierung“ die gesellschaftliche Strukturen und Geschäftsmodelle neu denkt.


Im Zentrum stehen hierbei der Beitrag den eine Organisation für die Gesellschaft erbringt und damit die ökonomische, ökologische und soziale Verantwortung.


Es ist der „Da-seins-Sinn“ eines Unternehmens der über Umsatzwachstum und die reine Gewinnorientierung hinausgeht und damit nicht mehr allein die Interessen der Anteilseigner (shareholder) befriedigen soll.


Kunden sind bereit mehr für eine gute Sache zu bezahlen, aber auch nur wenn sie dem Unternehmen vertrauen können. Sie wollen Prozesse verstehen und darauf Einfluss nehmen können. Nicht nur bei der Entwicklung und Herstellung von individuellen Produkten und Dienstleistungen, sondern auch wenn es um den ökologischen Fußabdruck geht. Der CO2-Ausstoß wie auch der Datenschutz, ist Sache der Corporate Social Responsibility (CSR) auf den Konsumenten neben der Sinnhaftigkeit immer größeres Augenmerk legen.


Corporate Social Responsibility


Die SCR-Richtlinie umschreibt den freiwilligen Beitrag der Wirtschaft zu einer nachhaltigen Entwicklung, der über die gesetzlichen Forderungen hinausgeht.


Diese gesellschaftliche Unternehmensverantwortung bzw. unternehmerische Soziaverantwortung kommt zukünftig nicht nur einer immer größere Bedeutung zu. Sie ist seit 2017 nationales Recht auch in Deutschland (CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz).


Unternehmen von öffentlichem Interesse sind seit dem dazu verplichtet CSR-Konzepte offenzulegen. Eine Ausweitung der SCR-Richtlinie, die dann auch für andere Unternehmen Gültigkeit haben soll ist per EU-Gesetz zu erwarten.

Street Art in Hamburg
Street Art in Hamburg


3-Säulen-Modell


Ein CSR-Konzept hat das Drei-Säulen-Modell der nachhaltigen Entwicklung zu beachten: Ökologie, Soziales, Wirtschaft.


Das Kozept steht damit für verantwortliches unternehmerisches Handeln in der eigentlichen Geschäftstätigkeit (im Markt), über ökologisch relevante Aspekte (der Umwelt) bis hin zu den Beziehungen mit Mitarbeitern (am Arbeitsplatz) und dem Austausch mit den relevanten Anspruchs- bzw. Interessengruppen (Stakeholderientierung). Eine allgemeine Definition gibt es nicht.


„Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren.“

Die verantwortungsvolle unternehmerische Absicht und sein Handeln kann über den corporate purpose und der SCR abgebildet werden. Wirkungsvoll und glaubwürdig wird es, wenn dieser über eine Unternehmensphilosophie und Unternehmenskultur authentisch gelebt wird. Erst dann können sich alle Stakeholder vom Mitarbeiter über Kunden bis Kooperationspartner mit dem Unternehmen und seiner Intention identifizieren. Diese Identität corporate identity spiegelt sich in der Marke wider. Starke Marken haben eine Botschaft, die von treuen Kunden weitergetragen werden.


Moralisches Fundament als normative Orientierung


Die Erde ist bald erschöpft und wir alle müssen einen persönlichen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz leisten, wenn wir für eine nachhaltige Zukunft sorgen wollen. Vielleicht bedarf es dafür einer neuen holistischen Philosophie.


Eine, die Erklärungen aus den Erkenntnissen aller Fakultäten sucht und die Herausforderungen unserer übergreifend vernetzten Welt als Ganzes, in Zusammenhängen und Abhängigkeiten versteht.


Doch zumindest brauchen wir eine Diskurstheorie (nach Jürgen Habermas) die uns mit einem Wertekonsens bewusst macht und daran erinnert, was im ethischen Handeln vertretbar ist. Diese kann uns als normative Orientierung dienen und als Grundlage für die Handlungskoordinierung vergesellschafteter Individuen, da unsere Handlungsräume zukünftig noch mehr durch den Dualismus von System und Lebenswelt bestimmt werden.

Kaleidoscope – 2020 Coastal microplastic flatlay 120×100 cm von Dan Lewis Foto von dan lewis @fieldsofgold87, via Unsplash
Foto: Dan Lewis | Unsplash

Damit jeder Einzelne als Ressourcen-Verbraucher, die wir letzten Endes alle sind, für das persönliche Handeln in der Konsenstheorie Verantwortung tragen kann.


Unternehmensethik & Technologie


Aus Respekt vor Mensch und Umwelt sollten heute mehr denn

je ethische Aspekte in einer Unternehmensstrategie mitberücksichtigt werden. Neue Technologien rund um

Künstliche Intelligenz und Big Data, dienen in dieser Korrelation nicht allein dafür Wahrscheinlichkeiten des Kaufs zu berechnen um höhere Absätze zu beeinflussen.


Genauso sollten „grüne Technologien“ nicht zu Lasten der Umwelt und Ausbeutung anderer Länder gefördert werden. Der Abbau von Kupfer, Lithium und Nickel um Windräder und Solarzellen aufzustellen, zerstört ganze Landstriche und ist alles andere als ökologisch und nachhaltig.

Im Rahmen von Entwicklungs- und Innovationsprojekten sind deshalb neben der Betrachtung technologischer Möglichkeiten in Zusammenhang mit Unternehmenszielen, auch die Materialzirkularität bzw. die Kompatibilität mit dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft zu prüfen um nachhaltiges Wachstum zu ermöglichen.


Führungsverantwortung & Handlungsmaxime


Das Gleiche gilt für die Führung. Führungsverantwortung verpflichtet, politisch oder unternehmerisch, zu den Bemühungen, die gesetzten Ziele bei gleichzeitiger Beachtung der fundamentalen Werte menschlicher Würde und der spezifischen Verhaltensregeln innerhalb eines aktuellen Situationskontextes zu erreichen – im Einklang mit der Natur und am besten nach der Handlungsmaxime von Heinz v. Foerster (ethischer Imperativ):

„Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird!“

Für eine nachhaltige Zukunft, dürfen die Auswirkungen auf die ganze Gesellschaft und Umwelt nicht mehr außer Acht gelassen werden. Ein höheres Umsatzwachstum kann nicht mehr das einzige übergeordnete Ziel bleiben.


Dafür muss auch ein politischer Rahmen geschaffen werden, weil uns die Zeit schlichtweg davonläuft. Die Ethik und Moral in diesem Zusammenhang ist ein Zusammenspiel aus Vertrauen und Verantwortung jedes Einzelnen, die auf Aufklärung und Transparenz der Unternehmer basiert, damit eine stabile Volkswirtschaft funktionieren kann.


Nachhaltiger Wandel & wertorientierte Zukunft


Wir befinden uns in einer Zeitenwende. Das ist mehr als nur ein digitaler Wandel und wie jeder Wandel, wird auch diese Transformation letztendlich von Menschen getragen. Nur diesmal können wir sie nicht wie bei der industriellen Revolution einmal mehr auf dem Rücken der Natur austragen.


In dieser neuen Zeit dürfen Ökologie und Ökonomie nicht mehr zueinander in Konkurrenz stehen. Die Entwicklung weg von der Linearwirtschaft hin zur Kreislaufwirtschaft soll dabei nicht im Widerspruch zu wirtschaftlichen Interessen stehen.


Innovationen im Sinne der Circular Economy dienen als Multiplikatoren um einen zusätzlichen Wert aus den eingesetzten Materialien zu generieren und die Beschaffungsrisiken in Form von Materialkosten, Preisvolatilitäten und Lieferengpässen zu reduzieren.


Foto: Max Böhme | Unsplash
Foto: Max Böhme | Unsplash

Innovation & Nachhaltigkeit


Damit neben anderen auch solche Innovationspotenziale voll ausgeschöpft werden können und eine nachhaltige Veränderung über alle Bereiche gelingen kann, müssen Beschäftigte dazu befähigt werden:


Aus einem gemeinsamen Wertekonsens entsteht ein gemeinsames Zielverständnis. Ein Unternehmen trägt nur dann zu einer nachhaltigen Entwicklung bei, wenn es diese elementare Komponente in der Nachhaltigkeitsstrategie berücksichtigt.

Mitarbeitende dürfen dabei weder digital noch mit der Verantwortungshaltung überfordert werden. Sie müssen zum einen im Umgang mit digitalen Tools und neuen Methoden in neuen Prozessen und Systemen geschult werden. Zum anderen aber auch über unternehmerische Interessen, Ziele und Konsequenz aufgeklärt werden und zwar ehrlich und transparent, über alle Unternehmensbereiche entlang aller Kundenkontaktpunkte (Touchpoints) und der gesamten Lieferkette. Damit werden Nachhaltigkeitsziele Effizienz, Suffizienz und Konsistenz erst effektiv im Innovationsmanagement integriert.


Die Grundidee des human-centered design bspw. ist es, den Menschen ins Zentrum zu stellen (Menschenzentrierung) und Produkte so zu konzipieren, die auch echte Mehrwerte für die Benutzer schaffen und sich für die Unternehmen als Innovationen auszahlen. Damit das klappt, ist die Sensibilisierung und Befähigung der ganzen Organisation unabdingbar.

Foto: Arno Senoner | Unsplash

Positionswettbewerb


Das darf allerdings nicht in den Positionswettbewerb münden, der aus der gesellschaftlichen Knappheit von Gütern resultiert.


Eine Knappheit, die auf der relativen Position und relativem Konsum der Mitglieder der Gesellschaft untereinander gründet, lässt sich auch durch ein nachhaltiges Wachstum nicht beseitigen.


Das führt nur zu einem Preisanstieg und höheren Ausgaben für Positionsgüter, bei der weder die Bedürfnisbefriedigung entritt, noch wirtschaftliche Gleichheit geschaffen wird.


Greenwashing und eine durch Marketing erzeugte Verknappung von Gütern befeuert einen Positionswettbewerb, der zu weiteren Ressourcenverschwendung führt, was mit einer wachsenden Ungleichheit und Unzufriedenheit einhergeht.


Authentisches Leitbild & gelebte Wertekultur


Umso mehr wird deutlich, dass die Vision und Mission eines Unternehmens nicht Werbezwecken dienen soll, sondern das philosophische Fundament einer lebendigen Organisation darstellt und die Identität des Unternehmens bildet. Sonst sind alle Strategien sowie Purpose-Bekundungen und Aussagen zu Nachhaltigkeitszielen nur leere Worthülsen verpackt unter dem Deckmantel schlechten Marketings und einer nicht gelebten Unternehmenskultur.


Das Unternehmensleitbild ist die Basis eines klaren, konsistenten und authentischen Geschäftsmodells, das nur so durch die ganze Belegschaft gemeinsam mit dem Management und dem Kundenstamm zum Erfolg getragen wird. Weil sie transparent Werte und Prinzipien und damit einen klaren Zielzustand formuliert, den man gemeinsam erreichen will.

Foto: "My Life Through A Lens" | Unsplash
Foto: "My Life Through A Lens" | Unsplash

Auch bei diesem Wandel gilt, wie bei der Digitalisierung auch: wer nicht handelt, verliert in einem immer dynamischer werdenden Wettbewerb um die Zielgruppengröße Eins. Die veränderten Branchenmechanismen zwingen Unternehmen zu einer allumfassenden und übergreifenden Transformation mit neuen Organisationsformen und datengetriebenen Geschäftsmodellen.


Dabei haben sich die Opportunitätskosten für Humanressourcen und Opportinitätserlöse für Unternehmen längst verschoben. Nichts zu tun ist fatal, weil in Zukunft alle Ressourcen knapp sind und Konsum wie Leistung von überall möglich ist.


Wir brauchen neue Shareholder-Value-Ansätze


Das jüngste Beispiel eines „Global Players“ zeigt, dass wir auch nachhaltig wachsen können. Patagonia ist ein wirtschaftlich orientiertes Unternehmen, höchst profitabel und Kunden vertrauen der Marke, weil sie die Nachhaltigkeitsstrategie nicht nur spüren, sondern sehen.


Patagonia gilt seit seiner Gründung als Ausnahmeunternehmen in allen Bereichen der Unternehmensführung. Der Gründer Yvon Chouinard und sein Management rund um Rose Macario bis Ryan Gellert, haben es geschafft Moral und Profit zu kombinieren und in einem gesättigten Markt rentabel und nachhaltig zu überleben.

Foto: Malik Skydsgaard | Unsplash
Foto: Malik Skydsgaard | Unsplash

Sie treten als positives Beispiel hervor, wie Kundenzentrierung gelebt wird ohne Mitarbeiterinteressen und Unternehmensziele zu vernachlässigen.


Das Konzept lautet „Wiederverwerten, Reparieren, Recyceln“ und basiert auf den Zielen der circular economy bzw. der Kreislaufwirtschaft, mit der Vermeidung negativer Auswirkungen auf den Verbrauch von Ressourcen und Belastungen für die Umwelt.


Infolge dessen gehen ein Prozent des Umsatzes oder zehn Prozent des Gewinns – je nachdem, welcher Wert höher ist – an Umweltschutzorganisationen. Designet und produziert wird im Sinne der Kunden und auch Partnerschaften und Kooperationen werden nur unter Berücksichtigung gleicher Werte eingegangen.


Patagonia ging es seit der Gründung weniger um die einseitige Maximierung von Profiten und mehr um die bestmögliche Integration und Befriedigung von Stakeholder-Bedürfnissen. Die Anteile an seinem auf 3 Mrd $ geschätzten Unternehmen hat Chouinard bis zuletzt alleine ohne Shareholder gehalten, bis er es vor zwei Wochen (14.09.2022) an eine Umweltstiftung übertrug. Im Interview sagte er dazu:

"Hoffentlich wird dies eine neue Form von Kapitalismus beeinflussen, die am Ende nicht zu ein paar reichen und einem Haufen armer Menschen führt". Chouinard

Damit haben sie auch die Human- und Gesellschaftszentrierung vorgelebt, indem sie von klassischen Shareholder-Ansätzen weggerückt sind und sich unternehmerisch an den Bedürfnissen aller Stakeholder ausrichtet haben, die die gleichen Nachhaltigkeitsziele verfolgen.


Stakeholder-Orientierung & Nachhaltiges Wachstum


Es gibt sie also, die neue BWL - eine nachhaltige und wertorientierte Betriebswirtschaft mit kybernetischen Ansätzen, die alle wirtschafts- und volkswirtschaftlichen Wechselwirkungen mitberücksichtigt und sogar im neo-liberalen Kapitalismus der USA funktioniert.


Die Konvergenzkultur und Individualgesellschaft zeigt nämlich deutlich, dass ein Unternehmen die Unterstützung aller Anspruchsgruppen (stakeholder) benötigt um nachhaltig überlebensfähig zu bleiben: von Arbeitnehmern und Kooperationspartnern über Kunden und Lieferanten bis zur Gesellschaft und der Öffentlichkeit.

Foto: George Coletrain | Unsplash
Foto: George Coletrain | Unsplash

Schon heute tragen Nachhaltigkeits-aspekte und Impact zur Wertschöpfung und somit zum Unternehmenswert bei. Wirtschaftswachstum kann auch ohne die Ausbeutung und dem Verbrauch von natürlichen, nicht-regenerativen Ressourcen einhergehen.


Chouinard meinte weiter, dass, wenn man in den nächsten 50 Jahren auch nur die geringste Hoffnung auf einen lebenswerten Planeten haben wolle, man alles tun müsse, was man mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen tun könne.


Die Heuristik des Homo Oeconomicus & die Produzentensouveränität


Es reicht nicht mehr nur darüber zu diskutieren was wäre, wenn Unternehmen rechtlich keine „Sachen“ mehr wären und Eigentümerschaft immer verknüpft wäre mit der Aufgabe wirklicher Unternehmerschaft. Das hat mit anderen Werten als der Gewinnmaximierung zu tun und orientiert sich eher an den Modellen des altruistischen Homo Oeconomicus, der nicht als erste Alternative die persönliche Nutzenmaximierung im Sinn hat. Also Menschen die nach verhaltensökonomischen Modellen vernünftig handeln.


Unsere Zeit ist jetzt, und es ist politisch längst überfällig die Weichen für eine weitere Form des Unternehmertums zu setzen. Im Unternehmertum können auch Eigentumsformen gewählt werden, die man als „Verantwortungseigentum“ beschreiben kann.

Der egoistische Homo Oeconomicus erscheint ohnehin sehr restriktiv, betrachtet man den Erfolg stakeholderorientierter Unternehmen wie bspw. Patagonia. Auch das Wissen über Klimaveränderungen, Umweltzerstörungen, Pandemien und diverse Wirschaftskrisen wirft die Frage auf, wo wir denn überhaupt noch eine Zeitinkonsistenz haben, sowohl bei der kollektiven und individuellen Rationalität.


Beobachten wir in der heutigen Individualgesellschaft nicht längst, dass das tatsächliche Entscheidungsverhalten nicht dem eines zeitkonsistenten Erwartungsnutzenmaximierers entspricht.

Foto: Velizar Ivanov | Unsplash
Foto: Velizar Ivanov | Unsplash

Auch wissenschaftliche Experimente belegen, dass nicht alle Menschen dieselben Präferenzen haben. Menschliche Neigungen hängen stark von individuellen Biographien ab und sind durchaus wandelbar. So auch die Präferenzen der zukünftigen Unternehmer und Konsumenten.


Wertschöpfung vs. Abschöpfung


Folglich sollte es wie auf der Grundlage des methodischen Individualismus und Subjektivismus, neben der Konsumentensouveränität auch rechtlich eine Unternehmersouveränität geben – eine nachhaltige Form der Produzentensouveränität.


Hier sprechen wir von der Präferenz der “Eigen-Eigentümer:innen” die das Unternehmen nur für eine gewisse Zeit besitzen wollen, bevor sie ihr Amt, ihre Macht weitergeben an Fähigkeiten- und Werteverwandte.


Eigentum wird bei dieser Philosophie als Aufgabe verstanden. Dabei steht die Wertschöpfung im Fokus. Darüber hinaus könnte das Modell der Eigentümerschaft auch das Problem der fehlenden Nachfolge vieler Familienunternehmen des Mittelstandes lösen.

US-Dollar-Note mit Benjamin Franklin
US-Dollar-Note mit Benjamin Franklin
"Die Ressourcen der Erde sind nicht unendlich, und es ist eindeutig, dass wir ihre Grenzen bereits überschritten haben". Chouinard

Klassische Ansätze und Modelle, wo Unternehmer von Beginn an keine Rechte besitzen und nur auf Marktanteile und Rendite aus sind, sind allein deshalb nicht mehr zeitgemäß, weil sie keine wirklichen Alternative haben. Zudem greifen durch den Shareholder-Value-Ansatz sowohl der Framing-Effekt und der Default-Effekt.


In dieser Funktion bedienen diese sich häufig rationaler Strategien und Verhaltensweisen des egoistischen Homo Oeconomicus, die ihnen im Einklang mit den Anstellungsverträgen kurzfristig den größten privaten Nutzen bringen. Also ein kurzfristig maximierendes, von maßgeblichen Teilen des Kapitalmarktes oktroyiertes Gewinnstreben, das einerseits die Marktgegebenheiten und -gelegenheiten unablässig ausschöpft, anderseits die "Ressource" Unternehmen schonungslos ausnutzt.


Das erhöht die Chance auf einen gegenwärtig hohen Gewinn und auf eine überproportionale Vergütung. Im Fokus steht hier die Abschöpfung. In einer Welt wo sich neue Generationen und Natur nicht mehr abschöpfen lassen.


Quellen: n/a // tba

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